Mestia + Tsvirmi / Georgien
22. Juni 2023 – 25. Juni 2023
Georgien und Wandern gehört zusammen wie Max & Moritz oder Schnitzel with Noodles (kleiner Scherz - das ist einfach grausam!). Daher wurde es nun an der Zeit, Tiflis den Rücken zu kehren und einen Wanderurlaub in Mestia zu beginnen. Mestia liegt im Nordwesten des Landes, ist ca. 13 km von Russland entfernt und ist das komplette Gegenteil zum tifliser Flachland.
Um dorthin zu gelangen, wurden wir in der Innenstadt mit
einem Kleinbus abgeholt und zu einem Flughafen etwas außerhalb der Stadt
gebracht. Von dort aus ging es mit einem kleinem Flugzeug (L-410 Turbolet)
weiter. Die Wetterlage war allerdings nicht berauschend, weshalb es während des
Flugs einige Turbulenzen gab. Und da wir erst kürzlich im Europapark waren,
darf ich auch behaupten, dass der Flug schlimmer als jede Achterbahnfahrt war.
Auf, ab, links, rechts, kurzes Schweben bis man wieder in den Sitz gedrückt
wird, prasselnder Regen gegen die Scheiben, zugefallene Ohren - das volle Programm
eben. Aber hey, 45 min später, eine Kotztüte voller und wir sind heil in Mestia
gelandet.
Am Flughafen wurden wir dann direkt von David abgeholt, dem
Host bei dem wir heute übernachteten. Seine Unterkunft liegt ein wenig
außerhalb von Mestia und der Weg dorthin war wieder ein kleines Abenteuer: es
erinnert an eine Kombi aus Emmentaler und die Kuhmuh-Wiese von Mario Kart.
Überall (Schlag-) Löcher und Kühe, die die Straßen kreuzen. Was uns hier auch
aufgefallen ist, ist, dass es sowohl Links- als auch Rechtslenker gibt. Laut
David liegt das daran, dass Georgien viele Autos aus Japan exportiert –
zugelassen sind wohl beide Bauweisen.
Wir waren uns bis zum Tag der Wanderung nicht sicher, ob wir
die Reise mit unseren kleinen Rucksäcken antreten oder die vollen 12 kg
Rucksäcken mitschleppen. Die Entscheidung trafen wir dann nach dem Aufstehen:
wir probieren es mit den großen Rucksäcken.
Unsere fast wortwörtlich 7-Sachen gepackt, den Rucksack gut
adjustiert und voller Motivation verließen wir unsere Unterkunft in Lakhushdi.
Unser Ziel: Den Wandertrail von Mestia (bzw. Lakhushdi) nach Usghuli in den
nächsten 4 Tagen zu absolvieren.
Die ersten Meter mit dem Zusatzgewicht waren hart (besonders
wenn man bedenkt, dass unsere letzte Wanderung zu Jahresbeginn war), aber die
Motivation, unser Ziel, den Ort Tsvirmi noch vor Abenddämmerung zu erreichen,
war größer. Den ersten Berg geschafft, mussten wir uns nun wieder den Weg
hinunter in den Ort Heshkili suchen - Da wir den ersten Teil des Trails improvisieren
mussten, wussten wir zwar, wie man auf den Berg hinaufkommt, nicht aber, wie es
von dort weiterging. Nachdem wir dann endlich wieder einen Wanderweg gefunden
hatten und in Heshkili ankamen, machten wir eine kurze Fotosession und nahmen
dann unseren Weg weiter Richtung Ieli auf. Da wir uns aber
"verlaufen" sind, sind wir hier nicht über den Berg gegangen, sondern
eine Schotterstraße entlang. War aber auch nicht schlimm, denn in Ieli
angekommen verließen mich allmählich meine Kräfte und Michi musste mich mit
Kiwis & Reiscrackern bei Laune halten. "Slow and steady" war
unser Motto und tatsächlich: viele Kuhbegegnungen später erreichten wir
erschöpft unser Tagesziel: Tsvirmi. Ein kleines Dorf mitten im Nirgendwo.


Trotz der anstrengenden Wanderung am Vortag, wollten wir uns den Gebirgspass aber nicht entgehen lassen, von welchem man eine beeindruckende Aussicht auf das Kaukasusgebirge hat. Also packten wir am nächsten Tag unsere kleinen Rücksäcke & unsere Wanderstöcke und machten uns auf den Weg dorthin: Der Spaziergang war schön: das Wetter war sonnig und warm, der Fluss rauschte tief unter uns, die Vögel zwitscherten und man hatte eine tolle Aussicht auf die verschneiten Bergspitzen, die sich weiter herunten in ein sattes Grün verwandelten.
Zu Mittag packte uns dann die Langeweile, doch nach einem reichlichen Mittagessen bei unserer Gastfamilie wurden wir von den Kids der Unterkunft dazu eingeladen, mit ihnen Spiele zu spielen: Volleyball, Fußball, Wettlaufen, Verstecken, Bottle Flip, ...
Lizzy ist mit 10 Jahren die Älteste, dann gibt es noch Lika,
Giorgi, Bubu (was wohl der Spitzname für das jüngste Kind war) & einen
weiteren Buben, der allerdings nicht mitgespielt hat. Giorgi hatte beim Schach
seine eigenen Regeln und Lika wollte mir ein Kartenspiel erklären, hat es dann aber
beim 3. Mal aufgegeben: Learning by doing eben. Die Kommunikation in der
Familie verlief auch meistens über Lizzy (sie hatte eine Übersetzerapp am
Handy) oder Maia. Maia war der finanzielle Kopf der Familie und nach ihr ist
auch das Guesthouse benannt. Und dann gab es noch Lea. Lea ist die Mutter von
Lizzy, Lika und Giorgi und hält das ganze Haus am Laufen – sie putzt, kocht, kümmert
sich um die Kinder und auch um den
Garten sowie die Kühe.
Damit ihr euch ein Bild von Tsvirmi machen könnt:
Tsvirmi ist ein recht verschlafenes Nest: Es gibt zwar einige Pensionen, die für die Wanderer gedacht sind, aber es gibt kaum Autos, noch weniger befahrbare Straßen (teilweise kann man die Wege nur zu Fuß, mit einem Traktor oder einem Karren passieren) und im ganzen Dorf gibt es neben Wohnhäusern nur Ställe und sonst nichts. Die meisten Menschen in Tsvirmi haben zudem eigene Hühner, Schweine, Hasen oder Kühe - sie melken die Kühe noch selbst & machen daraus Käse (salzigen Käse!); sie backen ihr eigenes Brot und machen selber Honig oder Marmelade (in die Heidelbeermarmelade hätte i mi einilegn können!). Gekocht wird auf einem alten Holzofen, der mitten im Raum steht und „Müll“ wird dort unter anderem als Brennmaterial verwendet.
Am nächsten Tag hieß es: 7 Uhr Tagewache. Grundsätzlich spät, wenn man das Pendeln zur Arbeit in der Früh gewohnt ist. Allerdings hat sich unser Schlafrhythmus in den letzten Tagen in ein komplettes Chaos verwandelt und die erneute Umstellung hat mir ziemlich auf den Magen geschlagen. Michi und ich versuchten dennoch ein paar Happen zu essen, damit wir den heutigen Marsch gut schaffen würden. Zwecks der Vollständigkeit ist hier zu erwähnen, dass unser „kleines Frühstück“ ausgereicht hätte um eine Großfamilie (+ Hund) satt zu bekommen.
Nach einem längeren Abschied von Lea und Lizzy ging die
Reise dann wieder los: Glücklicherweise stand uns der schwierigste und steilste
Teil der Wanderung bereits am Anfang bevor und etliche Höhenmeter später fanden
wir uns auf der Bergkuppe wieder. Nachdem wir den Fernsehturm passiert hatten,
hatte uns die Zivilisation dann endgültig wieder: es kamen uns jede Menge
Menschen entgegen, einige mit Kindern und viele nur spärlich für eine Wanderung
ausgerüstet. Wie sich später herausstellte, führt eine Gondel von Mestia auf den
Berg Hatsvali (den wir vorgestern erfolgreich umgangen waren 😉).
Der Versuchung nahe, mit der Gondel zurück ins Tal zu fahren und uns so einen
ca. 4h langen Abstieg zu sparen, konnte uns nur mehr unser Ego von der Fahrt
zurückhalten. Und unser Ego behielt tatsächlich die Oberhand.
Dass der Abstieg vom Berg für uns beide anstrengend war, merkte man besonders an unserem Gesprächsstoff: „Geht’s dir gut“, „Wie geht’s deim Knie“, „Meine Füße tun weh“ und „Im nächsten Schatten Trinkpause“ waren die einigen wenigen Sätze, die das Gespräch an diesem Frühnachmittag am Laufen hielten. Und dann, 4 Stunden später in Mestia, schaffte ich es vor Erschöpfung kaum noch, die letzten 200 Meter bis zu unserem Apartment hinaufzugehen (Ihr könnt euch vorstellen wie heilfroh ich war, als wir später im Bett lagen und uns mit Brooklyn Nine-Nine berieseln ließen). Davor besorgten wir uns aber noch Bustickets für den kommenden Tag: Es geht nach Batumi!!
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