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#4 In einem Land vor unserer Zeit...

 Kayseri + Görme / Türkei

30. Juni 2023 – 03. Juli 2023

Wir sind gestern mit dem Nachtbus von Rize aus Richtung Kayseri im Landesinneren gestartet. Um 19 Uhr ging es los, um 7 Uhr waren wir dann endlich in Kayseri. Die Nacht war trotz der 12-stündigen Busfahrt recht kurz. Es gab einige Pinkel- & Rauchpausen und dementsprechend viele Unterbrechungen beim Schlaf. Dies ließ uns aber nicht davon abhalten, unsere Zeit (wir würden um 16 Uhr weiter nach Göreme fahren) in Kayseri voll zu nutzen!

Kurz im Busbahnhofsklo (hier hatten wir auch unsere erste Begegnung mit einem „Hinhockerlklo“) frisch gemacht und schon machen wir uns mit dem nächsten Bus auf den Weg in die Innenstadt. Dort angekommen wollten wir das „National Struggle Museum“ besichtigen, wurden vorerst aber durch freies WLAN an unserem Plan gehindert. Nachrichten gecheckt, Busverbindungen herausgesucht, Unterkunft gebucht und auf ging‘s zum Museum. Dort mussten wir aber feststellen, dass das Museum aufgrund des Opferfestes „Kurban Bayrami“, welches vom 28. Juni – 01. Juli gefeiert wird, geschlossen war. So kam es, dass wir ziellos auf der Suche nach einem Café durch die Straßen irrten, bis wir von einem freundlichen Herrn angesprochen wurden. Er war wohl durch unseren österreichischen/deutschen Dialekt auf uns aufmerksam geworden und lud uns nun auf einen Apfeltee zu seinem Geschäft ein. Wie sich herausstellte, war er Teppichverkäufer im lokalen Basar und hatte bereits geschäftlich in Graz zu tun. Später kam auch sein Geschäftspartner, der prompt seine Produkte zur Schau stellte und uns mit seinen Verkaufssprüchen einlullte – sehr wirksam wie wir feststellen mussten, denn wir verließen das Geschäft mit einem kleinen Teppich reicher! (Und ja, wie wir aus einem späteren Video über die Türkei herausfinden mussten, waren wir hier erfolgreich auf einen Scam reingefallen! Aber hey, irgendwann müssen wir unsere zukünftige Wohnung einrichten…also warum nicht jetzt mit Deko anfangen? 😉)

Die Zeit in Kayseri verging wie im Flug, weshalb wir den Kaffeebesuch auf später verschoben und unser Mittagessen in Form eines Milkshakes zu uns nahmen. Langsam machten wir uns wieder auf den Weg zum Busbahnhof, allerdings erwies sich die Suche nach der richtigen Bushaltestelle (ohne Internet wohlgemerkt!) etwas schwierig. Nach 15 Minuten Warterei an einer, wie wir vermuteten richtigen, Bushaltestelle, versuchte uns dann ein älterer Mann weiterzuhelfen. Dieser sprach allerdings kein Englisch und als wir endlich mit Google Übersetzer „zum Schmeißen“ kamen, hatte sich bereits ein großer Auflauf an Menschen um uns gebildet. Im Endeffekt konnte uns dann ein junger Mann weiterhelfen, welcher uns sogar bis zur nächsten Bimstation begleitete und dort den Sicherheitsbeamten unsere „Situation“ erklärte. Von ihnen wurden wir dann praktisch durch die Ticketkontrolle gewunken und ein paar Minuten später saßen wir schon auf dem Rückweg in der Bim. Der erste Eindruck von Kayseri? Die Menschen dort sind sehr neugierig auf Touristen und überaus hilfsbereit. Kayseri ist aber im Gegensatz zu Göreme/Kappadokien oder Izmir auch nicht so mit Touristen überflutet, weshalb man hier wohl noch mehr (wenn auch als Kunde) geschätzt und respektiert wird.

Göreme hingegen besteht Großteils aus Hotels, Touranbietern und Souvenirshops – die Umgebung mit den Steinformationen dient vielen nur als Ort, in dem sie mit dem Quad mal richtig Gas geben können und einige geben haufenweise Geld dafür aus, ein perfektes Bild für Social Media zu bekommen. Einige Geschäfte haben sich sogar darauf spezialisiert, Kleider zu vermieten – und wenn man schon ein Kleid verleiht, warum nicht gleich auch noch ein Pferd oder ein schickes Auto, auf dem man Posieren kann? Oder darf's lieber auf einem Meer aus Teppichen sein? Die Möglichkeiten für ein Fotoshooting sind unendlich – und die Anzahl der Menschen, die für so etwas zahlen, sind wohl nicht weniger. Aber schließlich sind auch wir nach Göreme gekommen, um einen Blick auf die Heißluftballone zu erhaschen, die von dieser einzigartigen Kulisse eingefasst werden.

   

Am nächsten Tag hieß es wieder: 4:30 Tagwache! Laut unserer Zimmervermieterin starten die ersten Heißluftballons um ca. 5 Uhr, kurz vor Sonnenaufgang. Also zogen wir uns flott an (es war recht kalt in der Nacht und ich war über meine Jacke sehr dankbar) und machten uns auf dem Weg zum Aussichtspunkt. Wie wir vom Vortag wussten, musste man 10 Lira / Person bezahlen, um dorthin zu gelangen (was ich beigemerkt frech finde, da es sich nur um einen Hügel handelt). Davon wissen und daran zu denken sind aber zwei Paar Schuh´: Im Stress in der Früh hatte offenbar beides wenig Priorität, weshalb wir schließlich mit 5 Lira und ohne Plastikgeld bei der „Kassa“ standen. Entweder war das dem Wachbeamten dort egal oder er hatte Mitleid mit uns, auf jeden Fall zahlten wir die vorhandene 5 Lira und durften dann trotzdem rauf… 😉

Oben angekommen erwartete uns bereits einen Haufen Menschen, jeder auf der Suche nach dem besten Fotospot. Und schon starteten die ersten Ballone: Zuerst nur 3-4, dann wurden es immer mehr, bis der ganze Himmel über Göreme voll mit Ballons war. Einige von ihnen versuchten so nahe wie möglich an die Häuser zu fahren, um ihren Kunden ein bestmögliches Erlebnis zu bieten - & uns ein paar (so rund 150 😉) gute Fotos!

Mit dem Sonnenaufgang, den vielen bunten Ballons und der einzigartigen Gesteinslandschaft hat sich das frühe Aufstehen definitiv bezahlt gemacht – es war ein wahrliches Spektakel!

    

Ca. 50 min später war das Schauspiel auch wieder vorbei, die Sonne stand am Himmel und auch die Hitze kam zurück. Nach dem Frühstück machten wir uns deshalb direkt auf den Weg zum Love Valley, in der Hoffnung, dass wir vor der Mittagshitze wieder daheim wären… (Denkste ;))

Auf dem Weg zum Love Valley sind wir wieder ein paar Streunern über den Weg gelaufen, die uns entweder als Mittagessen oder als ihre Herrchen gesehen haben – auf jeden Fall haben sie uns bis zum Beginn des Love Valley, der 3 km von Göreme entfernt ist, verfolgt, bis wir sie auf den Hügeln und zwischen den Felsen verloren haben.

Nach einer kleinen Klettertour auf den Gesteinsformationen (wir mussten abbrechen, weil ich mich nicht mehr weitergetraut habe – da waren wir aber auch teilweise 4 Meter hoch oben und man hätte durch das poröse Gestein leicht abrutschen können) ging es dann durch den Love Valley weiter Richtung Uchisar Castle. In den ca. 2 Stunden, die wir im Tal unterwegs waren, trafen wir nur ein Mal auf eine Gruppe Natives und einmal schwirrte eine Drohne über unseren Köpfen. Sonst war es sehr ruhig und eine wohltuende Abwechslung zum Trubel der Stadt. Auch eine Schildkröte und eine (tote 😉) Schlange kreuzten hier unsere Wege. 

Das Uçhisar Castle bzw. die Burg Uçhisar, ist bereits von Weitem sichtbar – der Felsen inmitten der Stadt Uçhisar ist ca. 60 Meter hoch und man sieht heute noch die zahlreichen in Stein gehauenen Wohnräume und Gänge, welche bis ins 12. – 14 Jahrhundert zurückdatiert werden. Heute liegt in den vielen ehemaligen Wohnräumen aber Müll und es stinkt nach Urin. Auch ein paar Wandgraffitis und ein paar im Stein verewigte Namen  von Liebespärchen waren mit dabei. Den Eintritt zur Burg selber sparten wir uns dann aber, denn das Erforschen der frei zugänglichen Höhlen und Gänge reichte vollkommen aus, um einen a) guten Ausblick über das Gebiet zu bekommen und b) einen Einblick in die damalige Lebensweise zu erhaschen. Nach einer kleinen Pause mit Vollkorncrackern machten wir uns über den Pigeon Valley auf den Rückweg nach Göreme. Der Pigeon Valley heißt so, weil vor vielen Jahren einige Taubenbrutbeschläge in den Tufffelsen befestigt wurden.

      

Der Weg im Pigeon Valley war allerdings nicht so gut gekennzeichnet wie im Love Valley, weshalb sich eine Familie auf einer tieferliegenden Ebene „festkletterte“ und nicht mehr über den gleichen Weg zurückklettern konnte. Michi und ich versuchten ihnen einen bestmöglichen psychischen Beistand zu ermöglichen und sie beim Klettern anzuleiten. Nach einigen Anläufen und Kletterversuchen schafften sie es (mit ein paar Abschürfungen und einem blutigen Knie) dann endlich auf das Plateu, auf dem wir uns befanden und wir konnten unseren Weg heimwärts fortführen. Beim Abstieg war ich allerdings ein wenig übermütig, verlor den Halt auf einem Felsen und rutschte ca. 2 Meter in die Tiefe. Der Sturz selbst fiel (haha 😉) zum Glück nicht so schlimm aus: Ich brach mir keine Knochen und kam wohl mit einer leichten Verstauchung oder Prellung (bin kein Arzt, es hat halt wehgetan… 😉) davon. Michi bestand aber darauf, dass ich meine Füße schone und musste daher ab jetzt beide Rucksäcke tragen, während ich mehr darauf achtete, wo ich hin steige. 

Aufgrund meiner Verletzung ließen wir es am nächsten Tag ruhiger angehen und spazierten daher nur zum Freilichtmuseum Göreme. Hierzu gibt es allerdings nicht viel zu sagen: es ist teuer und bestimmt interessant, wenn man sich für die katholische Kirche und dessen göttliche Abbildungen interessiert. Die Infos dazu lassen sie sich aber praktisch aus den Fingern saugen – 30 Sekunden Audioinformation mit 9 Sekunden Intro? Nein danke. Ihr wisst es ja jetzt besser ;)

     

Ein Achterl Wissen:

Kappadokien wurde durch die Plattenverschiebung vor vielen Millionen Jahren wesentlich geprägt. Durch die Verschiebung kam es neben der Entstehung von Gebirgen zudem zu vulkanischen Aktivitäten, wodurch neben Lava auch vulkanische Asche in diesem Gebiet verteilt wurde. Diese Asche verfestigte sich im Laufe der Zeit und wurde zu dem uns bekannten Tuffstein, einem Weichgestein. Durch Erosionen, Wind und Regen wurden und werden nach wie vor Teile des Gesteins abgetragen, weshalb wir heute einzigartige Felsformationen wie Kamine, Kegel, Pilze und sonstige Formen vorfinden. Source: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Kappadokien



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