Bangalore / Indien
verFASSer: Angela
26. August 2023 –
30. August 2023
Indianer Jones
und die Nacht im Schlafwaggon eines indischen Zuges…. So spannend war unsere
Zugfahrt dann leider doch nicht und neben einem schnarchenden Mann und meiner
Angst, dass Michi´s Bett (er hat über mir geschlafen) aus den Haken hüpft und
auf mich herunterbraust, war es sehr ruhig im Nachtzug von Goa nach Bangalore.
Mit über 1 ½ Stunden Verspätung könnte der IRCTC der DB beinahe das Wasser
reichen, aber immerhin: nach fast 14 Stunden und knapp 670 zurückgelegten
Kilometern waren wir endlich in Bangalore angekommen und machten uns nun auf
den Weg zu unserer nächsten Unterkunft. Bangalore verfügt über 2 Metrolinien, die
den Norden & Süden sowie Osten & Westen der Stadt miteinander verbindet.
Ein Achterl Wissen:
Auf unserer Durchreise durch Indien sind wir vermehrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln in Berührung gekommen, welche nicht nur wie bei uns, auf die ältere Generation, Schwangere oder behinderte Menschen eingeht, sondern auch insbesondere auf Frauen. So durfte Frauen in manchen Bussen in Neu-Delhi etwa gratis fahren; in Indore wurde der Bus sogar in die Geschlechter (vorne die Damen, hinten die Männer) aufgeteilt und es gab sogar zwei verschiedene Türen nebeneinander (!), wo die Damen und Männer getrennt aussteigen konnten; in Bangalore gab es dann bei der Metro sogar ein komplett eigenes Abteil nur für Frauen, was sogar mit einem Absperrband gekennzeichnet war. Übergriffe auf Frauen haben wir zum Glück nur ein Mal in unserer Zeit in Indien erlebt und bei diesem waren aber nicht nur Michi und ich bereit gewesen, dazwischenzugehen, sondern auch ein Haufen anderer Leute, die das Geschubse und Gezerre mitangesehen hatten.
Einmal quer durch
die Stadt und schon waren wir an unserem Zielort angekommen: Die Wohnung von
Vivek und Apu.
Vivek & Apu:
Wie die meisten
von euch wissen ist Michi sehr extrovertiert – und das nicht nur, wenn er
betrunken ist. Das Kennenlernen der drei würde ich aber doch eher unter die
Kategorie "a B´soffene G´schicht“
einordnen. Kennengelernt haben sie sich nämlich ganz klassisch auf dem
Münchner Oktoberfest, bei welchem Vivek, Apu und Apu´s Bruder sich direkt neben
Michi und seine Freundesgruppe gesetzt haben. Über ein paar Maß Bier hat Michi
sie dann über Indien ausgequatscht und unter anderem erfahren, dass es in
Indien keinen typischen Ehering gibt, sondern eine Halskette (Mangasutra),
welche üblicherweise aus Gold gefertigt ist, sowie farbige Armreifen aus Glas
oder Zehenringe.
So kam es also,
dass wir die nächsten Tage bei den zwei übernachten durften – was man ihnen
hoch anrechnen musste, denn immerhin haben sie nun doch zwei wild Fremde am
Hals 😉 Apu begrüßte uns aber sehr herzlich bei
ihrem Zuhause und dann lernte auch ich endlich die Beiden näher kennen. Vivek
bot uns direkt seinen selbstgemachten Kaffee an, der mit Abstand der beste
Kaffee war, den wir bisher am asiatischen Kontinent getrunken hatten! (Außer
den „westlichen Cafés, die es in Indien gibt, findet man sonst nur den grauenvollen
„Instant Coffee“)
Am nächsten Tag war Sonntag und wir beschlossen nach einem gemeinsamen Lunch mit der Nachbarin Parul zusammen einen klassischen Bollywood-Film anzusehen: Rocky & Rani! Der Film war kitschig bunt, es gab viel Singerei & Tanzerei und natürlich stand eine Liebesgeschichte inklusive Familienkonflikten und Drama im Mittelpunkt. Auch einige Stereotypen über das Zusammenleben in einer Großfamilie und die typisch indische Hochzeit werden in dem Film thematisiert.
Ein Achterl Wissen:
Nennenswert ist an dieser Stelle das Kastensystem
in Indien. Dieses wurde zwar mittlerweile abgeschafft, es ist aber weiterhin
fest in der Gesellschaft Indiens verankert und bestimmt von vielen Hindus nach
wie vor den Alltag.
Unterschieden wird in vier Hauptkasten: Die
höchste Stufe ist die, der „Brahmanen“. Dazu zählen Priester oder hinduistische
Gelehrte. Danach kommt die Gruppe der Krieger und hohen Beamten: die „Kshatriyas“.
In der dritten Kaste sind die „Vaishyas“, also Händler und Bauern und in
der letzten Kaste sind Knechte und Diener, die sogenannten „Shudras“.
Inoffiziell gibt es neben der letzten Stufe noch eine niedrigere Stufe, in
welcher die Armen sind. Viele Menschen glauben, dass wenn sie die Menschen der
allerletzten Stufe berühren, beschmutzt werden. Aus diesem Grund werden diese
Menschen auch oft schlecht oder benachteiligt behandelt. Auch heute noch!
Heiraten darf man zwischen den Kasten eigentlich auch
nicht, allerdings ist das heute nicht mehr so streng. Quelle: https://www.zdf.de/kinder/logo/das-kastensystem-in-indien-100.html
Zwei Achterl Wissen:
ISKCON steht für “International
Society for Krishna Consciousness” oder übersetzt “Internationale
Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein. Die Gesellschaft wurde 1966 gegründet und
hat zum Ziel, den Glauben Krishnas in der westlichen Welt zu verbreiten. Quelle:
https://en.wikipedia.org/wiki/International_Society_for_Krishna_Consciousness
Im ISKCON-Tempel fand man eine menschenhohe, ca. 50 Zentimeter breite Holzbox mit waagrechten Schlitzen auf Kopfhöhe (ich hoffe, ihr könnt euch darunter etwas vorstellen). Die Holzbox erinnert ein wenig an einen Beichtstuhl ohne Tür und ist eine Art „Spendenbox“ für alles, was nicht durch einen Geldschlitz passt. Auf Nachfrage bei Apu erklärte sie uns, dass viele Menschen ihr ganzes Hab und Gut in diese Spendenbox werfen, auch, wenn für sie selbst nichts mehr übrigbleibt. Da kann es passieren, dass die Damen ihren Goldschmuck ablegen oder Männer ihre ganze Geldbörse ausleeren oder ihre Uhren hineinwerfen, nur damit sie im Glauben von Krishna handeln.
Am Abend wurden
wir dann noch zu Parul auf ein Eis eingeladen. Der Grund: Ihr verstorbener Opa
hatte heute Geburtstag und ihre Oma pflegt nach wie vor, den Geburtstag mit Eis
zu feiern! (Eigentlich eine liebe Tradition, dass man den Geburtstag anstatt
des Todestags feiert 😊)
Anschließend
machten wir uns noch flott auf den Weg zum Kleidungsgeschäft „Manyavar“ wo für
den morgigen Tag für Michi kurzerhand ein Kurta besorgt wurde.
Wir beide sahen wirklich toll aus! (& ich muss zugeben, dass ich mich ein wenig wie eine kleine Barbie gefühlt habe 😉)
Mit Apus Eltern
ging es dann zum Fest, wo wir Vivek und Parul trafen. Und dann gab es ein
Festessen mit über 10 verschiedenen „Kostproben“ und vier verschiedenen
trinkbaren Nachspeisen, wovon ich insgesamt nicht mal 1/3 benennen kann! Das
Essen wurde auf einem Bananenblatt serviert und wir durften mit den Händen
essen – das Händewaschen im Anschluss war allerdings ein Pflichttermin!
Nach dem Essen war der Zauber aber auch schon wieder vorbei: Parul und Vivek mussten zurück zur Arbeit und wir mussten unsere Rücksäcke für die Abreise am morgigen Tag packen.
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