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#29 Erwischt!

Ha Giang Loop / Vietnam

30. September 2023 – 01. Oktober 2023

On the road
Wir verließen das regennasse Sa Pa und fuhren mit einem Kleinbus, der bereits bei der Abfahrt über eine Stunde Verspätung hatte, nach Ha Giang. Dort wollten wir den bekannten „Ha Giang Loop“ mit dem Moped befahren und uns selbst von der beindruckenden Natur Nordvietnams überzeugen.

Wir bezogen unsere Unterkunft und mieteten auch zwei Motorroller. Dass Michis Führerschein hier nicht gültig war und ich gleich gar keine Fahrerlaubnis für so ein Gefährt hatte, war dem Motorradverleih herzlich egal und sie versicherten uns, dass dies kein Problem darstellen würde. Wir waren guter Dinge, besuchten am Abend noch ein kleines Fest, welches in Ha Giang stattfand und starteten am nächsten Tag gegen 8 Uhr mit unserer Rundreise. Die großen Rucksäcke durften wir beim Hotel lassen und wir machten uns mit den kleinen Rucksäcken auf den Weg. Erster Stopp: Die Straße. Wir verzichteten darauf, den Tank vom Motorradverleih befüllen zu lassen, sondern wollten direkt zu einer Tankstelle fahren (günstigere Preise und so, ja ja. Wer es glaubt 😉). Allerdings war mein Tank wohl schon ziemlich leer gefahren und mein Roller ließ sich nach knapp 10 Minuten Fahrt nicht mehr starten. Das coole an Vietnam ist aber, dass sie Benzin in Flaschen verkaufen, also machte sich Michi auf den Weg zur nächsten Tankstelle, tankte seinen Roller und besorgte eine Flasche, die er mir mitbrachte. Für uns ging es nun weiter und langsam ließen wir die Stadt hinter uns. Nicht aber den Trubel, denn der Ha Giang Loop lockte an diesem sonnigen Sonntag viele weitere Menschen an. Wir wurden überholt, dann überholten wir wieder einig paar Motorradfahrer (Ich hupte immer zwei Mal, wenn ich meinen Vordermann überholte, damit dieser Bescheid wusste. Nach dem Stadtverkehr in Hanoi war es meine logische Schlussfolgerung, dass man das hier so macht). Die Strecke war sehr schön und wir waren recht rasch recht weit oben. Ein paar Streckenabschnitte waren, wahrscheinlich durch den Regen, mit Schotter oder Erde bedeckt, stellten für uns aber kein weiteres Problem dar.

Rast vor dem Unglück
Nach etwa 30 km, gerade als wir wieder eine kleine Ortschaft passierten, wurden wir allerdings von der Polizei aus dem Verkehr gefischt. Ich war anfangs guter Dinge (immerhin wurde uns vom Motorradverleih bestätigt, dass unser Führerschein in Ordnung ist) und auch der Polizist schmeichelte uns anfangs, indem er meinte: „You are a pretty couple“! ABER.

Das war es dann auch, wir mussten unsere Roller auf die Seite parken und mit ihm ins Büro gehen. Da saßen wir nun und der Polizist studierte unsere Führerscheine. Dann sprach er das aus, was wir von Anfang an geahnt hatten: Unsere Führerscheine sind für diese Art von Motorrad nicht gültig und wir müssen eine Strafe von 2,9 Mio. Vietnam Dong pro Person zahlen. Da musste ich erstmal schlucken. 2,9 Millionen Dong entsprechen etwa EUR 110,- und ist wirklich viel Geld in Vietnam. ABER.

Er führte seine Rede fort und meinte, dass sie die Strafe auf 2 Mio. Vietnam Dong pro Person verringern würden, weil wir „so vernünftig und einsichtig wirken“. Ahja. Das wären nun nur noch etwa 75,-/Person. Die Stimmung war nun spürbar ins Geschäftliche übergegangen und man merkte, dass es hier nicht ganz mit rechten Dingen zugeht. Wir versuchten unseren Motorradverleih zu kontaktieren und schafften es sogar, dass der Polizist mit der Dame spricht. Michi versuchte ihm außerdem zu erklären, dass er in Europa sehr wohl den Motorradschein besäße. Es nutzte jedoch alles nichts und der Polizist schickte uns mit 2 Optionen aus seinem Büro: Entweder wir würden den Betrag zahlen und könnten dann den restlichen Loop zu Ende fahren oder wir müssten die Roller hier stehenlassen.

Wir setzten uns an die Stufen des angrenzenden Wohnhauses und sortierten erstmals unsere Gedanken. Was außerdem noch erwähnenswert ist, was uns ein weeenig stutzig machte:  

1) Sobald wir zahlen, dürften wir den restlichen Loop zu Ende fahren, was heißt, dass nicht die Sicherheit im Fokus der Strafe steht, sondern die Bereicherung der Polizei.

2) Wir wussten, dass es noch 2 weitere Polizeiposten auf der Strecke gab und wir würden, wenn wir zahlen würden, dafür keinen Nachweis erhalten. Sie meinten zwar, dass sie ein Foto vom Führerschein machen und in eine Whatsapp-Gruppe schicken würden, heißt aber, dass sie uns theoretisch auch ein 2. & 3. Mal abstrafen könnten, weil wir eben keine Beweise hatten, dass wir schon mal abgestraft wurden.  

3) Die Polizei hatte es rein auf Touristen abgesehen. Als wir dort waren wurden mindestens noch 10 – 15 andere weiße Leute herausgezogen, aber alle Einheimischen (und da waren auch Buben dabei, die bestimmt keinen Führerschein hatten) durften durchfahren.

Korruption? Ach was!

Wir überlegten lang und breit, was wir jetzt machen und wie wir mit der Situation umgehen sollen und erlebten, wie die Polizisten immer wieder dieselben Maschen abzogen: „You are a very pretty woman!“, „You are a cute couple!“, „Bla bla bla“.

Die Vermieterin unserer Roller gab uns den Tipp, dass wir darauf beharren sollen, dass wir kein Geld dabeihätten, aber es gab keine Bankomaten auf dieser Strecke und die meisten Unterkünfte kann man nicht mit Karte bezahlen. Das wussten wir. Das wusste die Polizei. Das wusste auch unsere Vermieterin.

Wir waren wütend, frustriert, enttäuscht. Volle zwei Stunden saßen wir dort auf den Stufen, bis wir einsahen, dass es keine andere Möglichkeit gab, außer zu bezahlen. Wir kratzen unser Geld zusammen und kamen auf etwa 3.100.000 Dong und gingen wieder zum Polizisten, der aber nur die größten Scheine annahm und uns dann „entließ“ (Wir zahlten so gemeinsam insgesamt 2.500.00 Dong, was EUR 94,- entsprach). Wir beschlossen, dass wir die Runde nicht zu Ende fahren würden, also drehten wir um und gaben unsere Roller zurück. Wir waren noch immer frustriert und wütend und beschlossen daher, noch am heutigen Tag aus Ha Giang abzureisen und uns ein paar schöne Tage im Ort Ninh Binh zu machen. Am Abend saßen wir dann auch schon im Bus Richtung Süden, froh darüber, dass wir den Loop nicht fortgesetzt haben.

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